Wirtschaftsnetzwerk nectanet: Erste französische Firma aufgenommen
Erster Stock, rechts: In einem Geschäftsgebäude unmittelbar am Offenburger Bahnhof befindet sich seit Ende vergangenen Jahres das erste französische Unternehmen des Ortenauer Wirtschaftsnetzwerks Nectanet. Mit ein paar schlichten Büroräumen, einer bunten Sitzecke und einer großen Kaffeemaschine versprüht der zwölfte Standort von Ingérop Deutschland, einer Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in München, noch Start-up-Charme. „Wir haben uns hier perfekt platziert“, sagt Standortleiter David Zillhardt. Zwar gebe es noch ein paar technische Probleme, dann zum Beispiel, wenn die französische Hardware partout nicht mit den deutschen Schnittstellen zusammengehen will. Aber die Nähe zur Autobahn sowie zum Bahnhof seien ideal für Kunden und Mitarbeiter. Auch das beste Schnitzel der Stadt habe man quasi direkt vor der Tür schon ausfindig gemacht.
„Eine Art Bindeglied“
Doch für Offenburg spreche wesentlich mehr als eine gute Verkehrsanbindung und die bodenständige Gastronomie. „Offenburg stellt eine Art Bindeglied zwischen Frankreich und unseren anderen deutschen Standorten dar“, sagt Zillhardt. Zu seinem Team gehören sechs Mitarbeiter, fünf Elsässer sowie ein Offenburger. Doch weil das Ingenieurbüro wachsen soll, werden weitere Ingenieure, Architekten und Projektplaner gesucht. Kerngeschäft von Ingérop sind Bauprojekte aller Art. „Wir arbeiten für und mit Baufirmen“, sagt Zillhardt. „In allen Branchen des Bauwesens.“ Das Ingenieurbüro plant Bauprojekte, berät oder erstellt Gutachten und Machbarkeitsstudien, es übernimmt Projektsteuerungen und Bauüberwachungen. Es geht um große Hochbau-Projekte wie Büroimmobilien, Messen oder Krankenhäuser, um Wasserbauten wie Kanäle, Hafengebiete oder Staudämme, aber auch um Projekte in der Stadtentwicklung, den (Aus-)Bau von Bahnlinien oder Autobahnabschnitten.
Fernwärmenetzkraftwerk geplant
Ingérop plant außerdem auch im Energiebereich. So hat die Straßburger Niederlassung von Ingérop Frankreich ein Fernwärmenetzkraftwerk geplant, das die überschüssige Wärme einer Papierfabrik nutzt, um nun rund 10.000 Wohnungen in Straßburg zu heizen. Derzeit ist Ingérop Deutschland mit der 36-Millionen-Sanierung eines Gymnasiums in Bühl betraut, konkrete Projekte direkt vor der Ortenauer Haustür hat die neue Niederlassung in Offenburg aber noch nicht.
Lebendige Region
Das Unternehmen, das national und international für private und öffentliche Auftraggeber als unabhängige Ingenieurgesellschaft tätig ist, hat für seinen neuen Standort dennoch ganz bewusst die Ortenau gewählt. „Die Region ist lebendig, hier spürt man richtig, dass sich was tut“, findet Zillhardt. Man profitiere sowohl von der badischen Umtriebigkeit als auch von der Gewissenhaftigkeit, mit der Geschäfte hier betrieben würden. „Wir wollen zwar neue Projekte in der Region an Land ziehen, sind aber nicht wie die Gallier, die einfach kommen und übernehmen“, sagt er. Vielmehr wolle man hinzulernen und habe „richtig Lust“ auf die Zusammenarbeit mit den deutschen Kollegen. Zillhardt bemerkt aber auch schon die ersten Mentalitätsunterschiede. Von deutschen Kollegen und Geschäftspartnern kämen meist sehr viel präzisere Angaben und Erklärungen, man arbeite oft zielgerichteter, mit höheren Erwartungen und meist auch bei besserer Bezahlung. Die meisten Vorstellungen von der deutschen Arbeitswelt – zum Beispiel das Klischee vom Perfektionismus – hätten sich inzwischen bestätigt. Umso überraschter sei man aber manchmal, wenn etwas wider Erwarten schieflaufe: Die Glasfaserleitung im neuen Büro musste Zillhardt nach dem Einzug selbst verlegen lassen, nicht einmal an entsprechende Vorrichtungen sei beim Bau des Bürogebäudes ursprünglich gedacht worden.
Symbolische Brücke
Als neues Mitglied sei Ingérop bei Nectanet sehr offen aufgenommen worden. „Die deutschfranzösische Freundschaft wird hier wirklich gelebt, der Rhein scheint gar keine Grenze zu sein“, sagt Zillhardt. Symbolisch hierfür könne auch die Rad- und Fußgängerbrücke Gambsheim gesehen werden, auch ein Ingérop-Projekt. Die Brücke sei nicht nur eine Verbindung über den Rhein, sondern breche auch den Weltrekord als „längste Aluminium-Fußgängerbrücke ohne Stütze für öffentliches Publikum“.
Ein Artikel der Mittelbadischen Presse / Victoria Hof.
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